Mitgliederbrief von Siegmar Gabriel vom 8.12.2014:

es ist keine Übertreibung, wenn ich sage: Vor einem Jahr haben wir mit dem Mitgliedervotum der SPD über den Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU/CSU alle gemeinsam einen Meilenstein gesetzt. Wir haben ein neues Kapitel in der deutschen Parteiengeschichte geschrieben.

Die große Zustimmung zum Koalitionsvertrag war natürlich auch Rückenwind für unsere Arbeit in der Bundesregierung und im Bundestag. Und wir haben gezeigt, dass wir unsere Wahlversprechen einhalten. Nur durch die Beteiligung der SPD in der Bundesregierung konnten wir viel für die Menschen in Deutschland erreichen:

• Endlich gibt es in Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn.
• Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können nach 45 Versicherungsjahren 2 Jahre vor der Regelaltersgrenze in Rente gehen – und zwar ohne Rentenkürzungen.
• Für alle vor 1992 geborenen Kinder wird die Anrechnung der Kindererziehungszeiten ausgeweitet, d.h. für Mütter oder Väter gibt es pro Kind einen Entgeltpunkt mehr auf dem Rentenkonto.
• Die Länder bekommen 6 Milliarden Euro mehr für Bildungsinvestitionen.
• Mit der BAföG-Reform haben wir mehr Bildungsgerechtigkeit durchgesetzt durch höhere Bedarfssätze, Freibeträge und Kinderbetreuungszuschläge ab 2016.
• Wir helfen den Städten und Gemeinden nicht nur mit 1 Milliarde Euro bei der Bewältigung der Flüchtlingsunterbringung, sondern wir werden sie Schritt für Schritt innerhalb weniger Jahre um 10 Milliarden Euro finanziell entlasten.
• Mit der doppelten Staatsbürgerschaft für in Deutschland geborene Kinder von ausländischen Eltern haben wir endlich einen großen Schritt zu einem modernen Staatsbürgerschaftsrecht geschafft.
• Durch die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist es uns gelungen, den Anstieg der Strompreise zu bremsen.

Die SPD ist der Motor der Regierungspolitik. Das wird auch im nächsten Jahr so bleiben. Wir werden für mehr Gerechtigkeit sorgen – zwischen Frauen und Männern und auf dem Arbeitsmarkt. Deswegen kommt die Quote für Frauen in Aufsichtsräten und müssen Leiharbeit und Werkverträge besser reguliert werden.

Darüber hinaus setzen wir einen Schwerpunkt auf bezahlbares Wohnen durch die Einführung der Mietpreisbremse und des Bestellerprinzips bei den Maklergebühren sowie eine bessere Förderung von bezahlbarem Wohnraum.

Das hilft vor allem auch Familien. Denn gerade die „Generation Hochleistung“, die Kinder, Beruf und immer häufiger auch pflegebedürftige Eltern unter einen Hut bekommen muss und will, braucht mehr Unterstützung durch Politik und Gesellschaft. Dazu soll auch das neue ElterngeldPlus, eine flexiblere Elternzeit und die Familienpflegezeit beitragen, damit sich die Anforderungen in der Familie und im Beruf partnerschaftlich aufteilen lassen.

Gleichzeitig halten wir bei den neuen großen Herausforderungen in der internationalen Politik Deutschland auf Kurs:

Europa muss wieder auf Wachstumskurs kommen. Die reine Sparpolitik der letzten Jahre ist gescheitert. Nur durch wirtschaftliches Wachstum und Arbeit werden wir solide Finanzen erreichen. Und nur wenn es unseren Nachbarländern gut geht, wird es auch uns Deutschen gut gehen. Bei der Europawahl haben wir viele Menschen von diesen Ideen überzeugt und unsere größten Zugewinne bei einer bundesweiten Wahl überhaupt erzielt. Und mit Martin Schulz als erstem Spitzenkandidaten aller Sozialdemokraten in Europa haben wir ein neues Kapitel in der europäischen Demokratie eingeläutet.

Die Krise in der Ukraine und in unserem Verhältnis zu Russland muss friedlich und auf dem Verhandlungsweg bewältigt werden. Bei aller Klarheit in der Ablehnung der aktuellen Politik der russischen Regierung werden wir den Weg zu Gesprächen und Verhandlungen nicht aufgeben. Frank-Walter Steinmeier und die SPD sind die Garanten dafür.

Verantwortliche Friedenspolitik verlangt auch Abwägung in einer akuten Notsituation. Angesichts des brutalen Vormarsches der Terrororganisation „Islamischer Staat“ haben wir uns nach genauer Überlegung dazu entschlossen, gemeinsam mit unseren europäischen Partnern die militärische Ausrüstung der Kurden in ihrem Kampf gegen den IS zu verbessern. Zudem haben wir die deutsche Flüchtlingshilfe deutlich erhöht.

Hilfe und Solidarität verlangt auch die Situation in Teilen Afrikas: Die Lage in den von Ebola am meisten betroffenen Ländern in Westafrika ist weiterhin dramatisch. Deutschland übernimmt auch hier Verantwortung und hat seine Unterstützung drastisch erhöht. Medizinische Ausrüstung und Personal aber auch Lebensmittel werden in die Region gebracht, eine internationale Luftbrücke eingerichtet.

Und auch neue Themen werden wir gemeinsam angehen: neue Aufstiegschancen durch Bildung für all jene, die immer noch viel zu häufig „abgehängt“ werden. Oder die Herausforderungen einer Gesellschaft, die sich in immer stärkerem Maße „digitalisiert“.

Dafür brauchen wir auch in Zukunft die Unterstützung und die Unterstützung aller Mitglieder der SPD. Mit Euch gelingt uns (fast) alles, ohne Euch nichts. Für mich und alle anderen SPD-Ministerinnen und –Minister ist sehr wichtig zu wissen: Du und viele andere stehen hinter uns. Und ich setze darauf, dass wir auch in Zukunft auf die wichtigen Impulse von Dir und anderen bauen können.

Der Anfang ist mit diesem ersten Jahr gemacht. Und ich bin sicher: Gemeinsam wird es uns Schritt für Schritt gelingen, wieder mehr Menschen von unserer Arbeit zu überzeugen.


Herzliche Grüße

Siegmar Gabriel